Quelle: Leonberger Kreiszeitung, 09.05.2005 |
„Bauträgerarchitektur passt nicht zur Altstadt" Kunsthistoriker informiert über Bausubstanz in Weil |
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WEIL DER STADT - Für den Erhalt der Altstadt machen sich Mitglieder des Bürger-forums stark. Etwa 60 Interessierten erläuterte Kunsthistoriker Dr. Heribert Sautter bei einem Stadt-rundgang am Samstag, wie die Bausubstanz zu bewerten ist. Von Rainer Enke
Nach Ansicht der Mitglieder des Bürgerforums werden immer mehr Gebäude im einst geschlossenen Stadtbild abgerissen und durch deutlich größere Neubauten ersetzt. Dennoch gebe es etliche kleine und hübsche Häuser, die aber bauhist-orisch nur selten von überregionaler Bedeutung seien. Zwar bezeichne sie die Denkmalpflege als schütz-enswert, tatsächlich seien etwa 80 Prozent aller Häuser nicht so geschützt, dass ein Abriss verhindert werden könne. Daher brauche man dringend ein funktion-ierendes Regelwerk, das die Interessen der Eigentümer, der Einwohner und der „in der Summe einmaligen Bausub-stanz" koordiniert und schützt. Hier könne der Stadtentwicklungsplan neue Akzente setzen, das Thema „Altstadt" ist eines der Leitprojekte. „Das Erschein-ungsbild der Altstadt wirkt durch das Ensemble von kleinräumiger Bebauung in kleinen grünen Parzellen." So beschrieb Sautter die heute noch teilweise gut sichtbare Anlage, die sich seit dem ersten Stadtplan von 1831 kaum geändert habe. Deswegen passen seiner Ansicht nach große Mietshaus-blöcke nicht in den Stadtkern. Die großräumige, hohe und „zu aufgeräumte Bauträgerarchitektur" würde das Stadtbild stören. Da sei alles gerade und |
künstlich, im Gegensatz zu alten Häusern, die Ecken und Kanten hätten, aber auch schon mal etwas schief und unregelmäßig seien. „Ein Haus darf in Würde altern", stellte Sautter dazu fest. Wenn die Neu bebauung, verbunden mit Abriss alter Substanz unge-bremst weitergehe, ver-schwinden seiner Über-zeugung nach innerhalb von 40 Jahren die ortsprägenden Denkmale. Immer mehr weichen Gärten und die typischen bäuerlichen En-sembles aus dem Stadtbild. Dies war im Bereich des Judentores deutlich zu er-kennen. Lob von Sautter gab es für kleinräumige Neubebau-ungen, die jedoch nicht historisierend sein dürfe. Problematisch seien die baulichen Gutachten: So sei einem solchen beinahe die Villa Schnaufer zum Opfer gefallen. Ebenfalls „gerettet" wurde die ehemalige Sozial-station, deren Abriss die Stadt zunächst beantragt hatte. Selbst vom Abriss bedrohte typische alte Scheunen könnten einem neuen Verwendungszweck zugeführt werden, etwa als Garagen. Als „städtebaulichen Super-GAU" bezeichnete Heribert Sautter den Viehmarktplatz. „Die Gebäude sind für die Altstadt viel zu hoch", urteilte er. Dass beim Bau eine staufische Stadtmauer abgetragen wurde, mache die Sache noch schlimmer. „Wir dürfen das Vorhandene nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, sonst bleiben später nur noch Straßennamen", lautete Sautters Fazit. Im Anschluss wurden einige mit viel Enthusiasmus sanierte ehemalige „Abrisshäuser" besichtigt, die eine gelungene Mischung aus historischem Anspruch und Wohn-Nutzbarkeit darstellen, so etwa in der Kirchgasse 1. |